Polianders Zeitreisen

Poliander, in wiedermal jungen Jahren irgendwann in den 70ern also, lebte in einem Leseland. Es war ihr selbst gefundenes Land, und die Werksbibliothek eines thüringischen Industriebetriebs galt als seine Hauptstadt. Allein streifte P. durch die Regalreihen, und wenn sie im toten Winkel zwischen zwei Regalen weilte, stand die Bibliothekarin von ihrem Schreibtisch auf und spähte […]

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Poliander hat Befindlichkeiten, Frühlingsmüdigkeit hält an, Sorge treibt um. Gefühlslage 13:10 Uhr: P. sucht mit der Lupe nach Zeichen der Hoffnung an dürren Strünken letztjähriger Balkonpflanzen. Nicht bei jeder geht es voran wie bei der kleinen Clematis. Poliander sorgt sich nicht nur um das Balkongrün. Kultureinrichtungen wurden zuerst geschlossen und werden zuletzt wieder öffnen.

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Endlich ist es warm genug, dass wir an unseren innerhalb der Wohnung entgegengesetzt liegenden Schreibtischen die Fester offen lassen können. Auch das Nordfenster steht stundenlang offen. Nur die Türen sind geschlossen, sonst würde ein kalter Gegenzug durch die Zimmer fegen, alles Lose auf den Boden werfen und Manuskriptseiten unter die Möbel schieben.

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Am Sonntag bleiben Polianders Gedanken privat. Blick ins Bücherregal: Oh ja, liebe Freundinnen und Freunde, Ihr unerschrockenenen Leser!nnen:Pénélope Bagieu, Unerschrocken. Fünfzehn Porträts außergewöhnlicher Frauen. Reprodukt Verlag BerlinBand 2 wartet schon. P. wirft nun noch einen Blick ins Schmuckkästchen und zieht die schöne Kette heraus, wirkt magisch gegen Halskratz. Schmücken Sie sich! Wie? Warme Empfehlung mit […]

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Sonnabend. P. ist melancholisch, schlecht gelaunt, vergnatzt, verzagt, verärgert und verratzt.P. lässt den Kopf, die Schultern und die Augenlider hängen. Der Mund ist eine Sichel, deren Spitzen abwärts weisen. P. lässt sich heute nicht zu Optimismus drängen, schon gar nicht mit der Aussicht auf eventuelle spätre Reisen.

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Gestern, da hörte Poliander plötzlich ein Rascheln, ein Schnurpsen, ein Knabbern. Die Quelle des Geräuschs lag nicht ganz nahe, und es dauerte einen Augen-, nein: Ohrenblick, bis P. das Eichhörnchen entdeckte, das einen ganzen Zweig von seiner Rinde befreit, diese abgeschält hatte.

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Nachrichten kreisen durchs Homeoffice. Geräusch: Weckerpiepen, während P. sich im Bad Hände und Füße eincremt. Gefährte: Dein Wecker piept! P.: Ja.G.: Mach mal aus. P.: Kannich, mach du.G.: (…)P.: Bitte.

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Geräusch: Waschmaschine rotiert. Blick aus dem Fenster: Eichelhäher auf dem Balkonkasten. Fortgang der Gedanken: P. bewundert das Federkleid des Eichelhähers. Der Häher mustert durch, was im Kasten ist. Er (oder Artgenoss!n) hat schon öfter Erdnüsse in der Balkonkastenerde versteckt, die im Frühling beim Austausch der verbrauchten durch frische Erde zum Vorschein kamen. In diesem Jahr […]

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Blick aus dem Fenster. Ein Eichhörnchen rennt über das Baugerüst dort hinten. Geräusch: keines.

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Raumtemperatur: 18 °C Außentemperatur: unter NullMischtemperatur beim Öffnen des Fensters: frisch Körpertemperatur: normal Temperatur des Geistes: kühl

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