Hannah Höch lebte und arbeitete von 1917 bis 1933 in der Büsingstraße in Berlin Friedenau. Heute, am 31. Mai 2013, 13.30 Uhr wird dort, in der Büsingstraße, eine Tafel zu ihren Ehren eingeweiht. So hieß es heute früh. So ist es geschehen, Büsingstr. 16, 13:30 Uhr: Die sonnige Stunde des Tages ist gekommen. Eine Menge Menschen kamen auch. Sie füllen die kleine Straße, bekannte, unbekannte Gesichter, da ist auch Herr Bauersachs, der heute im Haus von Hannah Höch lebt. (In Heiligensee, nicht Friedenau.) Die Leute werden in den Hof gebeten, obwohl man auch dort nicht sieht, wo Höch wohnte: im Dach des Hauses, 107 Stufen hoch. Ein Zelt, Apfelsaft- und andere Flaschen, ach, wie ihr das wohl gefiele, und all die vielen kupferrot gefärbten unter den Frauen. Poliander kichert. Poliander macht Fotos und tauscht Blicke mit ein paar Leuten, als die Bezirksbürgermeisterin, eine sympathische Frau ganz in Rot, erklärt, wie viele Tafeln es im Bezirk schon gibt und für wen alles, sogar für Rosa Luxemburg, “die Frauenrechtlerin”. Die imaginäre Höch in Polianders Ohr kichert auch. Aber Frauenrechtlerinnen kann es nie genug geben! Kluge, schöne, listige und kämpferische Frauen wie Hannah Höch auch nicht.
Dann wird erzählt, wie es zu dieser Tafel kam. Wo Hannah Höch in Berlin doch schon eine hat, an eben jenem Haus in Heiligensee. Aber hier, wo sie in ihrer dadaistischen Zeit arbeitete, nahe an der berühmten Mommsen-(heute Markel-)straße, der dadaistischen und expressionistischen, wo auch Haussmann lebte, hier also in der Büsingstraße hatte sie keine. Und Kindern gefiel das nicht (ihrer Lehrerin sicher auch nicht.) Die Klasse 6a der Stechlinsee-Grundschule nämlich schrieb einen Brief. Sie hatte PassantInnen befragt, und 90 Prozent wussten nicht, dass Höch hier gewohnt hat. Die Kinder hatten gezeichnet und collagiert und waren Höch so nahe gekommen. Schließlich bastelten sie Karten, verkauften sie und boten 100€ als Grundstock für die Tafel an. Das erweichte das Herz von Verwaltung und Sponsoren.
Hinten auf dem Hof geht eine rote Katze zwischen den Leuten durch, als die Spezialistin ihre Rede beginnt. Ach, Höchs schwere und schöne Biographie. Was für ein Leben. Die ZuhörerInnen reichen einander Eukalyptusbonbons. Das hätte Höch wohl gefallen. Später soll es den Saft geben, aber das wartet Poliander nicht ab. Poliander will nichts anderes als endlich die Enthüllung sehen! Oben aus dem Fenster schaut ein Hausbewohner. Jetzt, zur Enthüllung, muss er eilen, nach vorn, zur Straße. Auch Poliander drängt sich durch.
Enthüllen, das tun, natürlich, zwei aus der ehemaligen 6a. Bravo, Kinder!
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Koordinaten: 52° 28′ 20” N, 13° 19′ 40” O, Berlin Friedenau, Dada in Berlin