Faust und Weiner in LIMA.
Foto: LIMA/Lahoti.
Vor Zeiten- Nein. Nicht vor Zeiten, aber vor langer Zeit war Esslingen am Neckar freie Reichsstadt, von den Staufern begünstigt. Heute ist es ein Industriestandort, 92.000 Einwohner, über 50.000 Beschäftigte, Beamte und Selbständige eingeschlossen. Zwischen den Hängen des Neckartals, dicht bewachsen mit Trauben, riecht es nach Metallverarbeitung. Im Ortsteil Mettingen betreibt der Daimler, wie man hier sagt, immer mit Artikel: der Daimler, Gießereien, in denen Achsen und Getriebe gefertigt werden. Ein Teil der Trauben wird bei Kessler verarbeitet, in der ältesten Sektkellerei Deutschlands. Und der gut erhaltene Kern des Städtchens ist Kulisse für Events wie den beliebten “Mittelalter-Weihnachtsmarkt”. An solchen Orten geht die Poesie oft flöten. Hier ist sie nicht weit gegangen. Sie flötet in der Landolinsgasse 1.
In der Landolinsgasse ist es so still, dass man Mozart und Schikaneder mit den Füßen quietschen hört. Ihre ovalen Gesichter mit den schräg geschnittene Öffnungen der Augen, ohne Iris und Pupille ähneln ein wenig dem Gesicht ihres Herstellers. Nein, Schöpfer sagen wir nicht, solche Namen überlassen wir selbstverständlich den lieben Göttinnen. Wer eine Figur macht, spielt Schöpfung. Einmal hat Herr Weiner, Figurenmacher, Figurenführer versucht, mit einem Stecknadelkopf einen Lichtreflex in den Augen seiner Spielgeschöpfe zu erzeugen, doch schon das war ihm zu konkret. Und er gibt zu, dass sie nicht immer tun, was er will, nicht einmal die, die er eigenhändig führt. Die Koordination von Füßen, Händen und Kopf der Figuren ist so: Man muss behutsam sein, aber stark. Die Arme mit den waagerecht in der Luft schwebenden Kreuzen werden weit in die Bühne hinein gestreckt werden, man braucht Muskeln an Oberarm und Rücken. Es ist kein Hexenwerk. Aber auch kein Kinderspiel. Poliander darf es einmal mit Herrn Schikaneder probieren. Der sagt nichts, lächelt nur. Ein Spiel für Erwachsene, das am Vorstellungsabend 25 BesucherInnen entzückt, die auf dem mit grauem Filz bezogenen alten Kinogestühl Platz genommen haben. Und drei, die in der Fensterlaibung sitzen. Und Poliander auf dem Klappstühlchen.
Poliander besuchte schon im Januar die kleine Marionettenbühne LIMA in der Landolinsgasse in Esslingen am Neckar. Was P. dort noch alles erfuhr, lesen Sie am 16. März 2013 in der Wochenendbeilage der Tageszeitung Neues Deutschland: Weiners Traum.
Koordinaten: 48° 44′ N, 9° 19′ O, LIMA