Polianders Zeitreisen

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Spielen mit Briefelfetzerin

21.02.2011 · poliander

Sie erreichen die Stadt. (Liber Vagatorum)

Sie erreichen die Stadt. (Liber Vagatorum)

Aus dem Liber Vagatorum tritt er heraus, der Briefelfetzer, der Schreiber, der bis zum Gehtnichtmehr seine Mütter und Schwestern verleugnet, wo Schreibwerk doch wahrlich ihr Werk ist, verwandt mit dem Erzählen, Spinnen, Weben und Hinterlassen von Zeichen auf ehedem nackter Wand. Poliander begegnet einer Briefelfetzerin in der reichen und turmreichen Stadt, in der Schreiber und Schreiberinnen allezeit reichlich zu Gast gewesen sind.

“Eine Vision, eine Vision!”, ruft die Briefelfetzerin aus, die Augen ekstatisch nach oben gedreht, “von der Katharina aus Alexandrien!” IngenieurInnen, MathematikerInnen, Diagnosefachmänner und Computerfachfrauen, Filmwissenschaftlerinnen, Maler- und Schreiberinnen staunen, am allermeisten über die Geistesgegenwart der Schreiberin, die heilige Worte mit einem analogen Diktiergerät aufzeichnete. Das Dinglein schnarrt ein bisschen, doch brav gibt es das Rätsel wieder: “Fünf Finger und doch keine Hand”, und das Ding sollen wir finden? Jaja, da kichert die Briefelfetzerin.  Und das Zeichen Katharinas sollen wir finden, das zurück führt in ihre grausige Geschichte, eine Waffe, die letztlich ihren Triumph bedeutet.

Katharinas Attribut fehlt ein Stück.

Katharinas Attribut fehlt ein Stück.

Ach Briefelfetzerin, das hat etwas mit der Stadt zu tun, in die du einzogst, nicht wahr? “Oh ja. Und mit Mainz.” Das muss jetzt aber reichen an Hilfe. Wir schleichen durch die Stadt, mustern Aushänge, Aufkleber und Graffiti. Briefelfetzerin ist eine famose Erzählerin.  Sie leitet uns geschickt zur Kürschnergasse, gleich hinter Wasser oder davor, nahe an der Furt, nahe an der Straßenbrücke, gleich bei der steinernen Chronik und dem wenigeren der beiden Märkte. Jaja, der heißt so. Eine kluge Kürschnerin, erzählt sie uns, hielt stand, als man ihr Folter androhte und antat. Ganz wie die heilige Katharina, nur dass die heilig wurde und die kluge Kürschnerin kam frei, ohne Hexenverruf wieder Kürschnerin zu sein. Kürschnerin… das hat doch wieder etwas mit dem Ding zu tun, das wir raten und finden sollen. Es ist ein klarer, kalter Wintertag, und in jedem Laden, in den die Briefelfetzerin uns schickt, fragt Poliander nach der Losung. Liebe Leserin, was soll ich tun? Ich darf sie nicht verraten! Unterm Dom fanden wir sie nicht, die Katharina, und nicht das Ding. Ein paar Fetzen Pergament leiteten uns in die Pergamentergasse. Dort endlich fanden wir ein Kästchen mit jenem Ding, der Dönerbräter gab es heraus, ein Glück, wir wussten das Wort. Zurück ging’s zum Dom, doch dort war sie nicht, die Katharina. Endlich, in der Nebenkirche fanden wir sie und gaben ihr wieder, was fehlte, gaben es her wir unter den strengen Augen der Aufsichtsperson.

Und zuletzt lenkte die Briefelfetzerin unsere Schritte zu den Hüterinnen der Weisheit vom Dom, gleich neben der vereisten Treppe. Die freundlichen Frauen händigten es Poliander aus: “Das Katharinenspiel”, 1340 oder 1350 geschrieben in der Stadt Erfurt.  Ohne Frau Briefelfetzer und Poesiebüro Erfurt hätten wir es nie gefunden! Wirr ist unsere Rede, wir wissen es, doch wir dürfen nicht mehr verraten, fahren Sie hin, probieren Sie es aus!

Koordinaten: 50° 59′ N, 11° 2′ O, Briefelfetzerin weiß mehr und spielt gern.
Poliander schrieb auch über Erfurts Beine, Erfurts Grün, Geschichten aus Thüringen

Ausgrabung
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