Polianders Zeitreisen

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Polianders Lieblingsbuch 2014

23.01.2015 · poliander

Wörter oder Unwörter des Jahres 2014, unheilvoll klingen sie alle. „Schwarze Null“ kam nur auf Platz 2, „Götzseidank“ auf Platz 3, und zwar beides nicht beim Wettbewerb ums „Unwort“. P. schlägt „Unwort“ als Unwort des Jahrzehnts vor. Auf Platz 2 kommt ein Satz des Jahres 2014: „Ist (Name eines Fussballers) der deutsche Erlöser?“ P. fragt böse, ob wir schon wieder soweit sind, P.s Gefährte lacht über die Idee von Erlösung durch Fußball, Gramann schaut im Netz, ob es wirklich als Frage formuliert war – war es, wenn man der taz glauben darf, die ihrerseits das, was offenbar kein Versprecher war, womöglich nicht mal eine Fehlleistung, an der entsprechenden Stelle mit einem youtube-Link kommentiert. P. referiert ausnahmsweise auf die taz (im vorigen Satz), Gramann schaut genervt aus der Wäsche, Gramann will über Bücher reden, nicht über Wörter und Unwörter „des Jahres“. Das ganze Kollektiv aus Gramann, Poliander und Gefährt_innen wechselt abrupt das Thema.

Unser persönliches Lieblingsbuch 2014 – nein, wir verkünden hier keine Listen für die Ewigkeit – ist:

Dickes Leseglück

Dickes Leseglück

Americanah

„Americanah“, falls es wirklich eine Leserin gibt, die das Buch noch nicht gelesen hat, ist ein Roman, dessen Handlung sich in Nigeria, England und den USA abspielt. Geschrieben hat ihn die 1977 geborene Chimamanda Ngozi Adichie, eine Frau, die noch keine 40 ist und die wir deshalb hier getrost junge Frau nennen. Es geht um Rassismus und um die Fiktion von Rasse, es geht darum, wie kluge und gebildete Menschen sich ihren Weg entlang kämpfen. Es ist ein dickes Buch. Es ist kein bisschen theoretisch, aber das auf hohem Niveau. Es ist ein Schmöker über Liebe und Politik, aufregend und vergnüglich zu lesen.

„Warum sagst du Afrika, statt gleich das Land zu nennen?“

Adichie schreibt darüber, was eine Nigerianerin in den USA erlebt und wie sie über ihre Erlebnisse und Gedanken bloggt, in einem Blog, der heißt: „Raceteenth oder Ein paar Beobachtungen über schwarze Amerikaner (früher als Neger bekannt) von einer nicht-amerikanischen Schwarzen“. Es ist keine Sekunde langweilig, diese im Roman verstreuten Blogbeiträge zu lesen.

Es geht um Haare, Zöpfe und Flechten und darum, was es bedeutet, Haare zu glätten, nicht zu glätten, sie abzuschneiden, zu kämmen. Um die Handgriffe und Bewegungen, darum, wie lange es dauert und ob man in der Zwischenzeit einen Riegel oder doch lieber ein chinesisches Schnellgericht isst. Es geht um Frauen, um Religion, um das Heranwachsen, ums Studieren, ums Jobben, ums Schreiben, um Zeichen und Bedeutung, und es geht um Praxis. Adichie verhilft der Leserin zu einer aufregenden Reise mal nicht durch das eigene Ego, sondern sie schickt uns auf eine Reise, die über den Horizont geht.

Leute, Frauen, da wollen wir hin! Über den eigenen Horizont hinaus!

Darum ist dieses Buch, das P. und Gramann in wenigen Tagen am Meer verschlangen, obwohl sie dabei auch noch täglich schwammen, spazierten und Rad fuhren, unser Buch des Jahres 2014. Und es ist auch 2015 noch eine warme, sehr warme Empfehlung wert.

P. stimmt nicht mit einer Leseprobe darauf ein, sondern mit einem Link zu Chimamanda Ngozi Aidchies kluger, mitreißend vorgetragener Rede: We should all be feminists.

Koordinaten: Adichies WebsiteAmericanah. Rezension. „In Nigeria ist jeder politisch“ – Chimamanda Ngozi Adichie im Interview.

Erregung
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