Wasserturm war der Wasserturm nie
Wer viel zu Fuß geht, kommt in Städten bald auf den Friedhof. Besser gesagt: auf Friedhöfe. So viel zwitschernde, blühende, blätterrauschende Natur gibt es da, mehr als auf manchem Umlandstraßendorf mit Neubausiedlung und Genmaisplantage. Und wem man da alles begegnet, auch ohne Spökenkiekerin zu sein! Auf dem Berliner Friedhof Bergstraße begegnete Poliander einem kleinen Verlag.
P. besuchte Herrn Becker-Brüser und seine MitstreiterInnen an einem der schönsten und ungewöhnlichsten Arbeitsplätze der Stadt: in einem denkmalgeschützten Wasserturm, der 80 Jahre lang kaum genutzt wurde und nie auch nur einen Liter Wasser speicherte. Aber dann ging es los! Anders, als man meinen möchte, erscheinen dort weder neueste Thriller noch hochglänzende Bände für den Kaffeetisch, sondern nüchterne Infos auf Umweltpapier. Überaus spannend und sogar gesundheitsfördernd sind diese Blätter dennoch: Das arznei-telegramm informiert seit den 1970er Jahren MedizinerInnen, ApothekerInnen und weitere Fachpersonen über Medikamente – ganz ohne bunte Bildchen, ohne Reklame und ohne falsche Versprechungen. Das aufklärerische Projekt, das aus den neuen sozialen Bewegungen der späten 1960er Jahr kommt, hat sich nicht nur gut gehalten, sondern einen Ableger für medizinische LaiInnen bekommen, der über gute Pillen – schlechte Pillen berichtet.Ein Hobby hat der kleine Verlag auch, einen zweiten Verlag nämlich, der äußerst steglitzophil ist und gerade ein historisches Buch über den Stadtpark Steglitz publiziert hat.
Alles darüber lesen: gleich hier oder auf Papier in der Tageszeitung ND vom 5. Januar 2013.
Poliander geht weiter zu Fuß. Etwas Besseres als Langeweile finden wir überall.
Koordinaten: 52° 27′ 24” N, 13° 20′ 37” O, arznei-telegramm, Gute Pillen – Schlechte Pillen, expressionistischer Wasserturm. Buch über den Stadtpark Steglitz.