Polianders Zeitreisen

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Rührende Geschichte von der Macht

14.09.2010 · poliander

Tapferer Mélar hält seine Hand.

Tapferer Mélar hält seine Hand.

Das ist ein König.

Mélar war der Sohn eines Königs, Méliaus Sohn. Méliau war König jener Gegend, in der heute das Pays de Leon und Pays de Treguier liegen. Méliau wurde ermordet und dann heilig. Der unheilige Mörder: sein Bruder Rivod, Graf von Cornouailles. Mélars, des Königskinds, Heiligkeit entwickelte sich unter den Angriffen seines Onkels, jenes ruchlosen Neiders und Landhungrigen, der schon seinen Vater mordete.  Bestechung, Anschläge, Mord.

Als dem Kind vergiftete Speisen gereicht wurden, von bestochenen Erziehern, schlug er darüber das Kreuz, wodurch die Giftigkeit der Speisen erkennbar wurde. Rivod schickte Mörder aus. Doch diese, darin ähnlich dem Jäger, der Schneewittchen töten und ihr Herz der Königin bringen sollte, erbarmten sich. Gedungene Mörder, baten sie für das Opfer. Ihr Auftraggeber änderte seinen Anschlag. Er ließ dem Kind die Rechte, die Schwerthand, abhacken und den linken Fuß, denjenigen also, den in den Steigbügel setzen muss, wer sich aufs Pferd schwingt. Menschen mit Macht und Reichtum, wohl dissident, gaben Mélar eine Hand aus Silber und einen Fuß aus Erz. Bald wusste er sie gewandt zu gebrauchen. Die höhern Mächte taten ihr Teil: Die beiden Körperteile wuchsen mit und bezeugten das Wunder, das dem Kind innewohnte. Der Junge, der ein König war, Erbe seines Vaters, lebte nun, wieder in der Obhut von Starken, nicht wie ein König. Sein heiligmäßig einfaches Leben überzeugte einfach alle. Beinah. Rivod derweil leugnete, um sich das Sorgerecht für den Knaben zu verschaffen, auch dies ein Weg zu Macht und Herrschaft. Doch die Adligen, die wohl nicht den mächtigen Mörder zu ihrem Herrn haben wollten, bestellten den Bischof von Cornouailles und einen Grafen, Kéryoltan, zu Vormündern des Knaben. Wer herrschte? Verwicklungen des Schicksals, Versuchungen, denen einer der Vormünder erlag (der Graf natürlich, nicht der Bischof). Dessen mitleidige Ehefrau, die Mélar zur Flucht half. Unerwarteter Besuch im Leben des mönchs- und engelsgleichen Knaben, vom Landesherrn Kéryoltan nämlich, dessen bestochen böse Absicht Mélar nicht ahnte, dann der gemeinsame Ausflug nach Lanmeur, wo man in einer Herberge übernachten musste, die Mordtat. Überliefert ist, dass einer der Täter nach der Tat beim eiligen Sprung aus dem Fenster zu Tode stürzte. Weitere Wunder beim Transport des Leichnams. Die Pferde zogen den Wagen nicht, der Wagen brach. Eine unterirdische Kapelle wurde gebaut, Mönche, entsandt vom heiligen Samson, gründeten ein Kloster. Die Kirche über der Krypta ist außer Mélar auch Samson geweiht.

Der junge tapfere Mélar steht in der Krypta der Kirche von Lanmeur, die meiste Zeit steht er dort und hält seine Hand in der Hand, und es ist sehr dunkel. Ab und zu kommen Touristen. Wer 20 Centimes einwirft, kann ihn sehen, denn das Licht geht an, für sechs Minuten. Den Kopf muss beugen, wer eintritt, vielleicht weil Mélar da steht, sicher, weil die Bögen der Krypta an ihren niedrigsten Stellen nur 135 Zentimeter hoch sind. Feucht sind die Bodensteine vor dem rätselhaften Brunnen. “Wenn das Signal ertönt, haben Sie noch fünf Minuten Zeit.” Zeit ist Licht.

Koordinaten: 48° 38′ 53″ N, 3° 42′ 51″ W im Département Finistère. Die Krypta soll aus dem 6. Jahrhundert stammen.

Ausgrabung
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