Polianders Zeitreisen

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Heiligkeit und Helligkeit, helle und heilige Frauen

11.08.2014 · poliander

Regen nähert sich der Burg

Regen nähert sich der Burg

Helligkeit überm Fluss, auch Gewitterlicht, dann wieder reine Helle, Sie haben es bemerkt: Poliander liebt so eine kleine Stadt an so einem großen Fluss. So ein lichtes Licht ist das Licht, und es kann auch düster sein, immer anders, Licht, das es nur gibt, wo Wasser fließt, fahren Sie hin, Sie werden es gleich bemerken. P. reist so gern in tausendjährige Städte und die älter sind, wie die hier also, die einst Meisa hieß und ein slawisches Dorf war und zugleich die Burg Misnia, die Heinrich der Vogler bauen ließ, von dem viel Geschichte herrührt.

Jener Heinrich I., ein Liudolfinger, war Herzog von Sachsen, König des ostfränkischen Reichs, in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Kein Heiliger. Burgen ließ er bauen, doch nicht das Vergnügen der heutigen Touristen hatte er im Sinn. Dass der Blick über das Tal der Elbe königlich genannt werden konnte, für einen wie ihn war das keine Metapher, sondern real. Der Felsen zwischen Elbe, Triebisch und Meisa war der rechte Platz für die herrscherliche Burg. Meißen ist nur eine zahlreicher Burgen Heinrichs, und sein Kampf gegen die Slawen nur einer von vielen Kämpfen. Viel Geschichte heißt viel Leiden, privat und politisch war nie getrennt, erst gar nicht im Mittelalter. Zuerst heiratete Heinrich Hatheburg, die Tochter eines sächsischen Adligen, mit der er einen Sohn hatte, die aber schon Nonne gewesen war, weswegen sie auch ins Kloster zurückgeschickt wurde (und weder P. noch ich wissen, wo sie glücklicher gewesen), dann heiratete er Mathilde, ein Kind von 13 Jahren, die Tochter des sächsischen Herzogs Widukind. Keine Frage, wie wir wohl darüber denken.

In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts wurde der Burgberg Bischofssitz, und 1471 beauftragten Ernst und Albrecht, die damals Sachsen und Thüringen beherrschten, den Baumeister Arnold von Westfalen, an der Stelle der alten Burg ein Schloss zu errichten, die heutige Albrechtsburg, das erste deutsche Schloss, unmittelbar benachbart vom Meißner Dom. Diese Burg besuchten P. und ich schon einmal, ist viel Jahre her, und da blieb uns nichts im Kopf als der architektonische Kunstverstand, die Höhe und Turmhaftigkeit, die gebogten Fenster, der feine Gewölbeschnitt, die dicken Mauern.

All den Zauber ruft Poliander heute auf, um noch einmal zu locken. Denn in Meißen treffen nicht nur Königsbewunderer, Schlachtenträumer und Aficionados militanter Geschichte aufeinander, sondern hierher kommt auch, wer dem Atem der Elbe lauschen, dem Läuten der Glocken nachgehen und den Wolken beim Ziehen zusehen mag. Hierher kommt, wer eine Nacht in den vortrefflich restaurierten Zimmerlein des vormaligen St.-Afra-Klosters verbringen mag, um leise zu sinnen und die Federkissen zu befragen, welche Gebete die Besucher der evangelischen Akademie wohl schon dort  hineingeatmet, -gestöhnt, womöglich -geflucht haben.

Gold, Keruth, Rosemann, Vogler

Keruth, Gold, Rosemann, Vogler

Darum, liebe Leserin, lieber Leser, nicht allein die Eierschecke und das für P.s Geschmack ziemlich kitschige, wenn auch kunstgerecht von feiner Hand bemalte Porzellan mit so großer Geschichte mag nach Meißen locken, sondern die beherzten, einander zugewandten Frauen, die im Licht der Elbe, der Geschichte und in der eigenen Helle in Meißen Kunst herstellen und sie zeigen:

ZuEinander – GegenÜber
Künstlerinnen und heilige Frauen auf dem Meißner Burgberg

Else Gold, Christine Keruth, Edda Rosemann, Fee Vogler

Künstlerinnenwoche im Klosterhof, 17. bis 24. August 2014
Offenes Atelier 21. August 2014, 15 bis 18 Uhr
Ausstellung ZuEinander – GegenÜber, 24. August bis 19. Oktober 2014
Vernissage 23. August, 19:30 Uhr

Koordinaten Ausstellung: Evangelische Akademie Meißen, St.-Afra-Klosterhof, Freiheit 16, 01662 Meißen. Da im Kreuzgang auch Veranstaltungen stattfinden, empfiehlt sich telefonische Voranmeldung unter 03521. 4706-22

Koordinaten Meißen: 51° 10′ N, 13° 29′ O, die Stadt

Reisebrief
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